Kindheit und Jugend in Paderborn von 1900 bis heute

Kinder mit Schaufeln und Puppenwagen
Kinder mit Schaufeln und Puppenwagen vor 1945 auf einem Sandkasten in der Goebenstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße). Hinten ist ein Kaninchenstall zu sehen, früher eine durchaus übliche Art der Kleintierhaltung, um ein Sonntagsessen aufbessern zu können. Foto aus dem Kapitel „Umsonst & draußen“.

Der Fotograf Heinrich Kühn (1866-1944) wollte in seinen Bildern nichts weniger zeigen als das Paradies. Hierzu gehörten für ihn nicht Lamm und Löwe, sondern immer wieder Kinder. Ob Kinder in Paderborn im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert vielleicht sogar im Paradies lebten, beantwortet der neue Bildband der Erfolgsreihe “Paderbon in historischen Fotografien” zwar nicht. Er gibt aber den ein oder anderen Hinweis und überlässt das Urteil den Leserinnen und Lesern.

Mit der aktuellen Ausgabe löst das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn ein schon länger zurückliegendes Versprechen ein. Denn der Band zur Kindheit und Jugend an der Pader war schon für 2017 angekündigt. Eine Ausstellung im Stadtmuseum („Mit 17 …“, 2017) und das 100-jährige Jubiläum des Paderborner Jugendamtes 2018 mit einer Ausstellung des Archivs 2019 bilden die Fundamente dieses Bandes. In rund 190 Bildern wird zunächst ein komprimierter chronologischer Blick auf die allgemeine Geschichte der Kindheit und Jugend im 20. Jahrhundert geworfen, illustriert mit Bildern aus dem Paderborner Milieu.

Sodann geraten einzelne Aspekte über die Zeiten hinweg genauer in den Blick: das Aufwachsen in der Familie, Frühbildung und das große Thema des Spielens und damit des „Be-greifens“ der Welt, aber auch Kinderarbeit und Feste kommen nicht zu kurz. Die Politisierung der Jugend in Folge massiver gesellschaftlicher Veränderungen im späteren 20. Jahrhundert wird abschließend thematisiert. Bei allen Themen werden Akzente gesetzt. Einige Aspekte werden deutlich behandelt, andere nur angerissen. Dies liegt zum Teil an dem vorhandenen Bildmaterial: Es kann nur das gezeigt werden, was vorhanden ist. Andererseits wird etwa das Thema Kinderschützenfest umfassender herausgearbeitet, ohne dass die Feste eine herausgehobene Stellung in der Entwicklung eines Paderborner Kindes gehabt hätten. Aber an ihnen lässt sich die sozialisierende Funktion des Spiels deutlich machen, zum anderen gibt es über die Paderborner Feste kaum Informationen – bis jetzt.

Für den Band verantwortlich zeichnet wieder Andreas Gaidt, im Stadt- und Kreisarchiv Paderborn zuständig für die Bildüberlieferung. Unterstützt wurde er diesmal nicht nur von den Kolleginnen und Kollegen, sondern auch von Melanie Düllings, die im Rahmen ihres Geschichtsstudiums ein mehrwöchiges Praktikum im Archiv absolvierte. „Vor allem dieser aktuelle Band zeigt, dass auch Fotografien, die meistens als ‚nur‘ privat wahrgenommen werden, für die Stadtgeschichte überlieferungswürdig sein können“, betont Andreas Gaidt und hofft auf weitere Zugänge aus privater Hand. Und Kulturdezernent Carsten Venherm erinnert an ein kleines Jubiläum: „15 Bände in 10 Jahren – daran war 2012 beim Start der Reihe sicher nicht zu denken”, und wünscht der Reihe noch viele Fortsetzungen. Tatsächlich gehen die Themen vorläufig nicht aus. Als Band 16 ist bereits das 50-jährige Jubiläum der Universität 2022 ins Auge gefasst.

Der Bildband ist im Buchhandel sowie in der Tourist Information für 6,90 € erhältlich:
Melanie Düllings; Andreas Gaidt: Auf(ge)wachsen in der Provinz. Bilder der Kindheit und Jugend in Paderborn von 1900 bis heute (= Paderborn in historischen Fotografien; 15). Paderborn: Stadt- und Kreisarchiv Paderborn und Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing 2021.

Bild: Stadt- und Kreisarchiv Paderborn /Fotograf Becher

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