Bürgermeister muss den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses beanstanden

Antrag der der Fraktion FBI Freie Wähler/ Volt zur Umbesetzung von Gremien vom 16. Februar formell rechtmäßig.

In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 25. Februar wurde im Rahmen der Behandlung des Tagesordnungspunktes 29.4 (Antrag der Fraktion FBI Freie Wähler/Volt zur Umbesetzung von Gremien vom 16. Februar) über die Entsendung von beratenden Mitgliedern durch die neu gebildete Fraktion FBI Freie Wähler/Volt in Ausschüsse des Rates, weitere städtische Gremien und Aufsichtsräte städtischer Gesellschaften beraten.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat die Bestellungswünsche der Fraktion im Rahmen der durch den Rat erfolgten Delegation der Entscheidungsbefugnisse gemäß Paragraph 60 Absatz 2 GO NRW mehrheitlich bei einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen abgelehnt.

Ein Ratsbeschluss ist dann rechtmäßig, wenn er formell und materiell rechtmäßig ist. Er muss nach den gesetzlichen Vorgaben in ordnungsgemäßer Weise zustande gekommen sein. Ferner muss er inhaltlich mit allen geltenden Rechtsnormen in Einklang stehen. Die formellen Rechtmäßigkeitsanforderungen sind erfüllt. Die Zuständigkeit der Stadt Paderborn und des Haupt- und Finanzausschusses, dem im Rahmen der Delegation zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Entscheidungszuständigkeiten des Rates gemäß Paragraph 60 Absatz 2 GO NRW übertragen waren, lagen vor. Zur Sitzung wurde fristgerecht entsprechend den Anforderungen der Geschäftsordnung für den Rat und seine Ausschüsse eingeladen. Die Tagesordnung der Sitzung wurde im Amtsblatt der Stadt Paderborn öffentlich bekannt gemacht. Hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung ist jedoch festzustellen, dass der Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses inhaltlich gegen geltendes Recht verstößt.

Die Fraktion FBI Freie Wähler/Volt, die dem Bürgermeister ihre Fraktionsbildung mit Schreiben vom 4. Februar angezeigt hat, beruft sich hinsichtlich der Besetzung der Ausschüsse des Rates auf die Regelung in Paragraph 58 Absatz 1 Satz 7 GO NRW, wonach Fraktionen, die in einem Ausschuss nicht vertreten sind, berechtigt sind, für diesen Ausschuss ein Ratsmitglied oder einen sachkundigen Bürger zu benennen. Das benannte Ratsmitglied oder der benannte sachkundige Bürger wird nach Paragraph 58 Absatz 1 Satz 8 GO NRW vom Rat zum Mitglied des Ausschusses bestellt. Nach Paragraph 58 Absatz 1 Satz 9 GO NRW wirken sie in dem Ausschuss mit beratender Stimme mit. Für die Benennung der beratenden Mitglieder in den Bezirksausschüssen Schloß Neuhaus/Sande und Elsen sind gemäß Paragraph 39 Absatz 4 Ziff. 3 GO NRW die genannten Regelungen des Paragraph 58 Absatz 1 Satz 7 bis 9 GO NRW sinngemäß anzuwenden. Für die Arbeitsgruppe Rettungsdienst und Leitstelle und den Projektbeirat Neubau Abdinghof hatte der Rat die Regelung getroffen, dass jede Fraktion des Rates ein Mitglied stellt. Für die Hinzuziehung beratender Teilnehmer*innen in den Aufsichtsräten der im Antrag aufgeführten Gesellschaften sind in den Satzungen und den Gesellschaftsverträgen im Einzelfall Regelungen getroffen.

Die Kommentierung zur Gemeindeordnung NRW Held/Becker, Dezember 2015, führt hierzu folgendes aus: „Der Rat entscheidet bei der Bestellung gemäß Paragraph 58 Absatz 1 Satz 8 GO NRW durch Beschluss, nicht durch Wahl. Der Rat ist verpflichtet, im Falle einer Fraktion, die in einem Ausschuss nicht vertreten ist (Paragraph 58 Absatz 1 Sätze 7 und 9 GO NRW), das von der Fraktion benannte Mitglied zu bestellen.“

Zu Mitgliedern der Ausschüsse, mit Ausnahme des Hauptausschusses, können neben Ratsmitgliedern auch sachkundige Bürger, die dem Rat angehören können, bestellt werden. Diese Voraussetzungen zur Bestellung der benannten sachkundigen Bürger*innen sind erfüllt.

Folglich wurden der Fraktion FBI Freie Wähler/Volt die bestehenden Ansprüche zur Bestellung beratender Mitglieder aufgrund deren Benennung in nicht zulässiger Weise verwehrt.

Gemäß Paragraph 54 Absatz 2 GO NRW hat der Bürgermeister einen Beschluss, der das geltende Recht verletzt, zu beanstanden. Die Beanstandung ist dem Rat in Form einer begründeten Darlegung mitzuteilen. Die antragstellende Fraktion hat das Recht, den Antrag in unveränderter Form zu einer erneuten Beschlussfassung vorzulegen. Möglich wäre auch die Vorlage eines modifizierten Antrages oder die Erklärung eines Verzichts auf eine erneute Vorlage des Antrages im Rat beziehungsweise im Haupt- und Finanzausschuss, sofern die Delegation der Entscheidungsbefugnisse des Rates weiterhin besteht.

Verbleibt der Rat (bei Fortbestehen der Delegation der Haupt- und Finanzausschuss) bei seinem Beschluss einer Versagung oder teilweisen Versagung der Bestellungsrechte, so hat der Bürgermeister unverzüglich die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Sofern die Fraktion FBI Freie Wähler/Volt keine Veränderungen der Besetzungsvorschläge vornehmen sollte, wird der Bürgermeister den Antrag in der von Ratsherr Hüttemann am 25. Februar modifizierten Form zu einer erneuten Beschlussfassung in der Sitzung des Rates bzw. des Haupt- und Finanzausschusses am 26. März vorlegen.

Bürgermeister Michael Dreier führt dazu in seinem Brief an die Ratsmitglieder weiter aus: „Moralische Überlegungen bleiben bei dieser Betrachtung außen vor. Mir ist natürlich sehr wohl bewusst, dass nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, auch moralisch vertretbar ist. Moralische Überlegungen lassen sich aber durch rechtliche Vorschriften nicht steuern“. Allein aus rechtlichen Gründen ist Bürgermeister Michael Dreier gehalten, den getroffenen Beschluss gemäß Paragraph 54 GO NRW zu beanstanden.

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