Wenn Schule wieder Spaß machen soll

Seelisch kranke junge Menschen: Wenn Schule wieder Spaß machen soll

Neubau für 6,9 Mio.: LWL-Direktor erklärt besondere Art von Bildungsstätte

Hamm (lwl). Es ist eine Schulform ganz eigener, dazu noch weitgehend unbekannter Art: "In Schulen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche geht Unterricht weit über das bloße Lernen hinaus." Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), nutzte am Dienstag (17.10.17) die Eröffnung des 6,9-Mio.-Neubaus der Schule für Kranke an der LWL-Universitätsklinik in Hamm, um eine besondere Art von Bildungsstätte aus dem pädagogischen Schattendasein herauszuholen.

"An dreien seiner vier kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken, nämlich in Hamm als dem bundesweit größten kinder- und jugendpsychiatrischen Fachkrankenhaus, in Marsberg und in Marl-Sinsen, betreibt der LWL Schulen für seelisch erkrankte junge Menschen", verdeutlichte Löb. Insgesamt bieten sie 430 Plätze in 55 kleinen Lerngruppen von der Primar- bis zur Sekundarstufe II. 80 vom Land Nordrhein-Westfalen gestellte Lehrkräfte sorgen in enger Zusammenarbeit mit dem therapeutischen und sozialpädagogischen Personal der LWL-Kliniken dafür, dass die durch ihre Erkrankung ohnehin gehandicapten Kinder und Jugendlichen während ihres oft wochen-, manchmal monatelangen Klinikaufenthalts den schulischen Anschluss nicht verlieren. Bis zur Sekundarstufe I sind Abschlüsse möglich, in Kooperation mit den Heimatschulen der Patienten können auch dortige Schulabschlüsse erworben werden.

Engere Beziehungen

Nicht minder wichtig: "Weil viele dieser jungen Menschen einen positiven Blick auf Schule komplett verloren haben, müssen ihnen die speziell qualifizierten Pädagogen gemeinsam mit den Therapieexperten aus der jeweiligen Klinik vermitteln, dass Schule auch Spaß machen kann", so LWL-Direktor Löb.

Manches individuelle Krankheitsbild erfordere auch eine individuelle Betreuung und ein angepasstes Lerntempo im Unterricht. Löb: "Die Lehrerinnen und Lehrer bauen engere Beziehungen zu ihren Schülerinnen und Schülern auf als es in Regelschulen der Fall ist." Und weiter: "Gerade wegen der oft ausgeprägten Schulschwierigkeiten der jungen Patienten hat das Schulverhalten auch Bedeutung für die psychiatrische Behandlung. Nur durch eine hohe Verzahnung von Therapie und Pädagogik kann das Ziel einer verbesserten Teilhabe der Kinder und Jugendlichen in all ihren Lebensbereichen erreicht werden."

Hohe Fluktuation

Besondere Anforderungen erwachsen dem schulischen Personal auch daraus, dass in den Schulen für Kranke naturgemäß eine hohe Fluktuation, ein stetiges Entlassen und Neuaufnehmen herrscht. Beispiel Hamm: Stationäre Patienten besuchen den Krankenschulunterricht zwischen Klinikeinweisung und -entlassung im Schnitt nur 30 Tage, junge Suchtrehabilitanden immerhin noch rd. 80 Tage. Folge: Pro Jahr durchlaufen auf den dortigen 120 Plätzen ca. 1000 unterschiedliche junge Menschen das Unterrichtsangebot.

Das seit Anfang der 1970er Jahre bestehende und kontinuierlich weiterentwickelte Schulangebot der LWL-Kliniken sieht Löb als "freiwillige, aber notwendige Leistung des Schulträgers LWL". Um "der Verantwortung für die jungen Menschen gerecht zu werden" setze der Kommunalverband jährlich rd. 630.000 Mio. Euro (Löb: "Geld aus den westfälischen Kommunen") allein für den Betrieb dieser Schulen ein.

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